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Regionales Trachtenmuseum im Hesedorfer Heimathaus

Im Jahre 2019 eröffnete der Hesedorfer Heimatverein im Heimathaus „Logehuus“ ein Trachtenmuseum. Mit seinen sorgfältig ausgewählten und mit viel Liebe zum Detail präsentierten Exponaten haben die Hesedorfer in der Region ein Alleinstellungsmerkmal unter den Heimathäusern.

Mit einer Volkstanzgruppe, 1994 gegründet, wurden erstmals Trachten der Öffentlichkeit vorgestellt. Mit viel Eigenleistung und fachmännischer Hilfe wurden Trachten nach altem Muster neu hergestellt. Eine Trachtenhaube aus Hesedorf aus dem Jahre 1850 stand dazu Pate.

Im Einzelnen bestand die Tracht, die in Hesedorf noch vereinzelnd bis 1947 getragen wurde, aus vielen Einzelteilen: Die hochgeschlossenen Jacken oder Blusen bestanden aus Seide oder leichter Wolle mit geblümten Mustern und kunstvollen Stickereien, die Ärmelkanten zierten Spitzen oder Borten aus Ausbrennstoffen. Die schwarzen Faltenröcke der Trachten wurden aus schwerer Wolle hergestellt. Auf der Vorderseite ist der Rock glatt, da über den Trachtenröcken immer eine Schürze getragen wurde, der hintere Teil in Falten gelegt.

Vier Reihen Samtband bildeten die Rockkante. Die Schürzen aus Baumwolle oder Seide waren in sich gemustert, am Saumende mit Samtbändern bestückt und oft farblich zum jeweiligen Anlass abgestimmt, ob grün, lila, dunkelrot, weiß oder schwarz. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Haube. Foto 4+5

In der Ausstellung des Museums werden allein über 30 verschiedene Hauben gezeigt. Von der Festtagshaube, Feiertagshaube, Trauerhaube bis zur Haube zur Konfirmation, mit unterschiedlichen Bändern versehen, von buntgeblümt bis schwarz oder grün. Zur Tracht gehörte ein dreieckiges, wollendes Tuch, die Frauentrachten unserer Gegend kannten gewöhnlich keinen Mantel. Im Winter schützte man den Kopf gegen die Kälte mit einer warmen schwarzen Mütze, deren unterer Teil bis auf die Schultern herabhing. Kleine flache Taschen oder Körbe und je nach Ausstattung auch Schmuckstücke wie Halsketten, Broschen und Uhrketten gehörten zur Tracht.

Standesunterschiede und ökonomische Verhältnisse, ja sogar, ob eine Frau verheiratet oder unverheiratet war – all das und noch viel mehr lässt sich an einer Tracht ablesen. Viele der Kleidungsstücke sind von etlichen Generationen getragen worden. Die Arbeitstracht der Frauen bestand aus blauem Rock, Schürze, Bluse, Weste und die hierorts bekannte „Weihhoot“ als Kopfbedeckung und Sonnenschutz. Die Volkstracht der Männer um 1850 bestand aus einer langen Wollhose, einer Weste und einem Gehrock. Ein weißer oder schwarzer Vorlatz aus Baumwolle oder Satin, eine passende Fliege und ein Zylinder runden das Bild des Mannes zu der Zeit ab.

Im Hesedorfer Trachtenmuseum stehen zwölf vollständige Originaltrachten aus Selsingen, Elm, Bremervörde, Bevern, Lamstedt und Hesedorf zur Ansicht. Weitere Kleidungsstücke kommen aus Sandbostel, Mulsum, Minstedt und Heeßlingen. Zu den Farben der Trachten gibt es folgende Hinweise: Schwarz oder Braun wie das Moor im späten Herbst. Rot wie der Klatschmohn an den Wegrainen im Frühsommer. Lila wie die blühende Heide im hohen Sommer. Grün wie die Wiesen und Wälder im Frühjahr. Weiß wie Kirschbäume in voller Blüte oder auch der Schnee im tiefen Winter. Malerisch schön ist die Selsinger Tracht: Bereits vor gut 125 Jahren sah der Worpsweder Maler Fritz Mackensen auf einem Missionsfest in Schlußdorf diese Tracht. Im Jahre 1894/95 stellte der Künstler sein Bild „Gottesdienst im Moor“ endgültig fertig. Im Trachtenmuseum wird diese Tracht mit ihrem ziegelroten Faltenrock, dem Perlenkragen und den bunten Schulterschleifen gezeigt. Weiterhin kann eine Konfirmandinnen-Haube aus Selsingen in Augenschein genommen werden - Um 1895 entstand ein Bild mit dem Untertitel „Worpsweder Mädchen“ von Hans am Ende. Offensichtlich wurde hier ein Mädchen in Selsinger Tracht gemalt. Als weitere Besonderheit gilt eine Sonntagstracht aus Hesedorf, die nach fast 60 Jahren in Waakhausen bzw. Lilienthal wieder den Weg zum Hesedorfer Trachtenmuseum gefunden hat. Die Tracht wurde von Adelheid Michaelis bis zu ihrem Tode im Jahre 1965 getragen. Bild 2+3, Mitte

Das Hesedorfer Trachtenmuseum will zeigen, dass Trachten weit mehr Inhalte bieten als nur gut auszusehen, es will die Bedeutung der Tracht begreifbar machen und auf die Vielfalt der in unserer Region beheimateten Trachten aufmerksam machen. Ein Besuch lohnt sich!

Text: Hans Wilhelm Peper
Fotos: Ralf G. Poppe 

Quellen:

  • Hans Wilhelm Peper: eigene Recherchen;
  • „Alte Trachten in Bremervörde“, Karin Borgardt, Bremervörder Jahrbuch 2004;
  • Dr. Elfriede Bachmann: „Schwarzer Samt und Klöppelspitzen“ aus der Zeitschrift des Landschaftsverbands „Zwischen Elbe und Weser“ Jg. 18, Nr. 1/Januar 1999;
  • Die Selsinger Tracht von Peter Mehrkens, 1995; Heimatfreunde Selsingen und Umgebung. e.V.; Friedhilde Michaelis, Lilienthal.




Zuletzt aktualisiert am Donnerstag, den 08. Februar 2024 um 17:20 Uhr